Platt in der Schule
Das Thema „Plattdeutsch in der Schule“ erfährt gerade in den letzten Jahren eine vorher kaum für möglich gehaltene Dynamik. Auslöser ist zum einen sicherlich die „Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen“, in deren Folge eine zunehmende Wertschätzung der niederdeutschen Sprache zu verzeichnen ist; zum anderen drückt der eklatante Rückgang der Sprachkompetenz bei jüngeren Menschen die Bedrohung der niederdeutschen Sprache unmittelbar aus.
Verantwortlich für die schulische Ausbildung der jungen Menschen sind die Bundesländer. Lange Zeit wiederholte man sprachpflegerische Absichtserklärungen in Erlassen, ohne über die Einführung eines Unterrichtsfaches „Niederdeutsch“ ernsthaft nachzudenken. Plattdeutsch blieb weitgehend auf freiwillige Arbeitsgemeinschaften beschränkt. Innerhalb der Stundentafel kam es allenfalls zu Sprachbegegnungen, während ein systematischer Spracherwerb unterblieb. Ohne den Status eines Faches fehlte vor allem der Anschluss an aktuelle didaktische Forschungen und methodische Grundlegungen in Theorie und Praxis.
Die Rahmenbedingungen haben sich spätestens 2010 grundlegend geändert, auch wenn die konkreten Bedingungen von Bundesland zu Bundesland recht unterschiedlich ausfallen. Seither gilt im Stadtstaat Hamburg erstmals ein Bildungsplan Niederdeutsch – die Regionalsprache wird darin gleichberechtigt mit anderen Zweitsprachen und weiteren Angeboten als Wahlpflichtfach etabliert. Für das Schuljahr 2014/15 gelten in Hamburg auch Bildungspläne für die Sekundarstufe I (Stadtteilschule und Gymnasium). In Schleswig-Holstein gilt für ausgewählte Grundschulen, die sich an einem Sonderprogramm beteiligen, seit 2019 ein Erlass „Niederdeutsch in der Schule“. 2019 legte Niedersachsen einen Erlass „Die Region und die Sprachen Niederdeutsch und Saterfriesisch im Unterricht“ auf. Dieser ermöglicht positive Impulse für Plattdeutsch, auch über Profilschulen, und erwähnt die Möglichkeit, Plattdeutsch in der Schule zu lernen. In Mecklenburg-Vorpommern dient das Landesprogramm „Meine Heimat – mein modernes Mecklenburg-Vorpommern“ als Orientierungshorizont für die schulische Befassung mit der Regionalsprache. Rahmenpläne für Niederdeutsch gibt es hier für alle Schulstufen. Seit 2017 ist Niederdeutsch anerkanntes Abiturprüfungsfach.
Verlässliche und stabile Strukturen sind unverzichtbar, wenn sich die Regionalsprache als Teil des staatlichen Bildungsangebots behaupten soll. Die Berücksichtigung des Niederdeutschen in den Lehrplänen ist hierfür ein wichtiger Baustein. Die Bemühungen der einzelnen Bundesländer fallen in dieser Hinsicht recht unterschiedlich aus. Erforderlich sind grundlegende Absprachen und Maßnahmen über die Ländergrenzen hinweg.